Legaler Taschenspielertrick oder umweltmoralisch korrekte Gestaltungsmöglichkeit? - Millionen Ökopunkte für WARB Flächen...

Wo Fische laufen lernen und von der Quadratur des Kreises.

Dr. Anna Kuntzsch zieht Bilanz zur Luftbuchung von Millionen von Ökopunkten

Wir hatten es bisher noch nicht erwähnt, ahnten jedoch bereits um die Tragweite des Tagesordnungspunkts 11 der GVS und waren entsprechend schockiert, mit welchem Ergebnis der Beschlussvorschlag der Verwaltung dann mehrheitlich angenommen wurde.

Doch eins nach dem anderen, worum geht es eigentlich? 38 ha Gemeindewald, welcher aufgrund schlechter Bodenverhältnisse und Erreichbarkeit (Steillagen) nicht gut zu bewirtschaften ist und der Gemeinde lediglich 1.000 € an Einnahmen alle 5 Jahre bescherte, soll nun stillgelegt werden. Dafür kann sich die Gemeinde sogenannte „Ökopunkte“ gutschreiben lassen, und zwar ganze 2 Mio.. Diese sind quasi die Währung mit der Ausgleichsmaßnahmen „bezahlt“ werden können. Diese werden benötigt, wenn Eingriffe in die Natur (z. B. bei Bauvorhaben) vorgenommen werden. Für 2 Mio. Ökopunkten könnte man 15 ha Acker (das sind ca. 21 Fußballfelder) mit Beton überziehen, also ziemlich große Bauvorhaben umsetzen. Diese Punkte muss man auch nicht auf einmal ausgeben, sondern kann dies nach und nach tun, immer dann, wenn wieder ein Bauvorhaben einen Ausgleich verlangt. Wo ist nun der Haken, wenn wir so günstig an Ausgleichsmaßnahmen (=Ökopunkte) erwerben und dafür nichts bezahlen müssen? Und was hat das ganze mit einem Fisch zu tun?

Das Gesetz sieht vor, dass das, was vom Konto der Natur abgehoben wird, auch wieder der Natur zurückgegeben werden soll. Und das auf möglichst gleichartige und gleichwertige Weise. Wenn wir jetzt - wie am 10.06. geschehen - zustimmen, 38 Hektar weitestgehend unberührten Wald aus der (nicht vorhandenen) Nutzung zu nehmen, erzielen wir für diese „Biotopaufwertung“ 2 Mio. Ökopunkte und könnten damit zukünftig z. B. 15 ha Ackerland versiegeln. Jedes Kind versteht an dieser Stelle, dass hier etwas nicht stimmt. Denn ein Wald ist kein Acker und auch keine Wiese. Und eine Feldlerche wird daher auch nicht vom Bodenbrüter im Offenland zu einem Waldbewohner. Das wäre ungefähr so, wie wenn man versuchen würden einem Fisch das Laufen beizubringen. Natürlich haben wir noch Wiesen auf die ein Vogel ausweichen kann, aber diese Rechnung ist endlich. Und genug junge Menschen haben bereits erkannt, dass es keinen Planeten B gibt und fordern daher zu Recht zum sofortigem Handeln auf. Wir müssen endlich aufhören, unsere Verantwortung im Heute auf die Schultern der nachfolgenden Generation abzuladen.

Ausgleichsmaßnahmen gibt es nicht für lau, wie es jetzt hier der Fall ist - das darf schlichtweg nicht sein. Eigentlich erhofften wir uns einen Aufschrei der ganzen jungen SPDler, die ihr Recht auf eine Zukunft einfordern und sich gegen diese Art des Ablasshandels an der Natur stellen. Die von uns erhoffte Erkenntnis bzw. Einsicht blieb leider aus, die SPD stimmte geschlossen für die Beschlussvorlage, geteilte Meinungen gab es bei der CDU und die Grünen stimmten zusammen mit der WGH dagegen.

Rechtsvorschriften und Gesetze ändern sich, nicht aber die Gesetzmäßigkeiten der Natur. Wir sollten daher nicht versuchen, Gesetzeslücken findig auszunutzen oder auf andere zu schauen, die das doch auch so machen, wie die SPD nicht müde wurde zu betonen. Wir hätten vielmehr stolz darauf sein können, andere Wege einzuschlagen, Vorbild zu sein und abends mit gutem Gewissen sagen zu können: wir haben den bestmöglichen Weg gefunden, unserer Verantwortung gerecht geworden zu sein.

Denn entweder reduzieren wir unseren Flächenverbrauch im Außenbereich, sodass wir keine Ausgleiche brauchen, oder wir sorgen dafür, dass die Ausgleiche auch als solche zu verstehen sind.

Dies ist an diesem Abend, dem 10.06.2021 leider kläglich gescheitert. Bleibt also nur noch zu hoffen, dass Fische laufen lernen. 

 
 
E-Mail
Anruf