Sylvia Röper (SR): Stimmt das Klischee, dass Politiker nur reden, aber nichts machen?
Anna Kuntzsch (AK): Ich glaube, dass ein großer Anteil der Politikverdrossenheit der Bürger auf diese Frage reduziert werden kann. Leider. Ehrlicherweise muss man sich dann anhören, dass wir dankenswerterweise in einer Demokratie leben, wo es zu Abstimmungsprozessen mit Koalitionen, Siegen und auch Niederlagen kommt. So gerne man sich das ein oder andere Projekt dann manchmal wünscht und sich dafür einsetzt, so wird
1. entweder gar nichts draus,
2. ein Teil davon umgesetzt, oder
3. alles realisiert.
Also kann man sich manchmal viel wünschen und versprechen, aber gerade wenn man mit so wenig Stimmen in der Gemeindevertretung vertreten ist wie wir, scheitert es dann schlichtweg an den Mehrheitsverhältnissen.
SR: Machen Frauen anders Politik als Männer?
AK: Ich denke schon, und das bringt Vorteile aber auch Nachteile mit sich. So glaube ich, dass Frauen grundsätzlich sehr viel selbstkritischer sind und zu oft Männern den Vortritt lassen weil sie nicht zu 100% überzeugt sind, einer Herausforderung auch optimal gewachsen zu sein. Männer treten da in der Regel selbstbewusster auf, starten bereits bei 80% durch und eignen sich dann die fehlenden Prozent im Laufe des Prozesses an.
Ich erlebe Männer oft lauter in den Diskussionen. Während das dann gerne als männlich und durchschlagend wahrgenommen wird, ist bei einer Frau die lauter wird, eher das Gegenteil der Fall. Hier müssen Frauen mehr mit Argumenten überzeugen, als ich es bei Männern wahrnehme.
SR: Du machst ja ehrenamtlich Politik. Wo liegen deiner Meinung nach die größten Unterschiede zum Hauptamt?
AK: Der Spagat zwischen Freizeit und ehrenamtlicher Arbeit neben der beruflichen Tätigkeit ist deutlich größer, als wenn ich mich hauptamtlich mit den Thematiken auseinandersetzen würde. Um sich hier nicht vollends aufzureiben, müssen die Kernkompetenzen in einem Team verteilt werden. So bin ich in der Wählergemeinschaft insbesondere für Themen zuständig, die im Fachausschuss Umwelt-, Bau-, und Planungen behandelt werden. Für die Themen Finanzen und Sozial-, Tourismus und Kultur haben wir dann wieder andere Experten. Wenn wir uns alle in jede Thematik einarbeiten wollten, könnte man die Arbeit nicht ehrenamtlich leisten. Hier gilt dann auch mal Mut zur Lücke und das Vertrauen in die Fähigkeiten der Anderen.
SR: Was motiviert dich, was demotiviert dich bei deiner politischen Tätigkeit?
AK: Ich bin eigentlich ein sehr unpolitischer Mensch (gewesen). Wenn mich etwas stört, spreche ich es an und hoffe, dass man zu einer Lösung findet. Leider sind die Themen, wenn man versucht in seiner Gemeinde etwas zu bewegen, komplexer und unterliegen einem vorgeschriebenem Ablauf. Da bin ich mitunter schon mal verzweifelt, wenn manche Themen ewig brauchen um zu einem schönen Abschluss zu kommen. Nehmen wir die Arbeitsgruppe für Artenschutz. Das war einer der ersten Vorschläge den ich damals im Fachausschuss eingebracht hatte. Ich wollte, ohne dass wir uns mit den Parteibefindlichkeiten „Rumärgern“, schnell überparteiliche Lösungswege für den Artenschutz einschlagen. Mir wurde gesagt, dass wäre nicht üblich und ich könnte ja für einzelne Projekte dann Anträge stellen. Das ärgerte mich schon. Das dann am Ende doch seitens der Verwaltung ein Arbeitspapier ausgearbeitet wurde und es auch zukünftig regelmäßige Treffen geben soll, vertröstet mich etwas. Andersherum passiert es auch, dass Dinge zu schnell und ohne Beratung im Fachausschuss entschieden werden, wie z.B. die konkrete Ausgestaltung der KiTa-Erweiterung wie auch der Funkmast, die jetzt beide nachhaltig das Landschaftsbild von Dörnberg prägen. Hier finde ich, dass man sich die Zeit hätte nehmen müssen, um Alternativen und Lösungen zu prüfen, die man dann sicher auch gefunden hätte.Mich freut es dann aber auch immer, wenn für die Gemeinde tolle Projekte realisiert werden können, und da ist es mir völlig egal, von welcher Partei die Idee kam. Schön ist es auch, wenn Einigkeit bei Projekten entsteht und diese dann zusammen angegangen werden. Ein Beispiel ist hier die Entwicklungskommission gewesen aber aktuell auch die Neugestaltung des Spielplatzes in Ehlen, für den alle Fraktionen sich in einer Arbeitsgruppe engagieren.
Wenn du bzgl. der kommenden Wahlperiode drei Wünsche frei hättest, was wäre es?
1. Gewählt zu werden um weiterhin mit Engagement mein Amt ausüben zu können.
2. Dass gute Anträge auch dann eine Chance haben so übernommen zu werden, wenn sie nicht von der Mehrheitsfraktion gestellt werden.
3. Einen respektvollen Umgang(ston) zwischen der Fraktionen